Amazonien und die Yanomami

Yanomamirunddorf – Das Runddorf (Shapono) ist die traditionelle Siedlungsform der zentralen Yanomami. Im Hinterland findet man noch etliche dieser ringförmigen Wohnanlangen. Die im Kreis errichteten Pultdächer schirmen den sozialen Bereich von der Waldsphäre ab. Unter jedem Dach lebt eine Familie an jeweils einer Feuerstelle. Zwischen den Wohnabteilen gibt es keine Trennwände; man sieht so gut wie alle der 40 bis 100 Mitbewohner.

Wilde Früchte – In den unwegsamen Gebieten des Hinterlands haben die Yanomami viele Aspekte ihrer traditionellen Lebensweise beibehalten. Die Frauen begeben sich meist entlang der Wasserläufe auf Sammeltouren, um Pilze, Beeren, Larven, Krebse oder andere pflanzliche und tierische Nahrung zu ergattern. In der „wilden Sphäre“ gelten auch die sammelnden Frauen als „Jägerinnen“. Ihre Männer unternehmen fast täglich Ausflüge in den Wald. Nicht immer kehren sie mit Jagdbeute zurück, oft haben sie wohlschmeckende Waldfrüchte im Gepäck. Am reichhaltigsten ist die Ausbeute in Gebieten ehemaliger Gärten, wo manche Bäume erst nach Verwilderung Früchte tragen.

Gartenbau – Vor Einführung von Metallwerkzeugen verwendete man geschäftete Steinbeile zur Vorbereitung der Brandrodung. Alte Klingen dieser Beile dienen heute zur Herstellung der Droge Epena (Yopo). Mittlerweile sind die meisten Yanomami mit Metalläxten und Macheten gut versorgt. Wichtige Kulturpflanzen Amazoniens sind Bananen und Knollenfrüchte wie Maniok. Zudem werden Pflanzen angebaut, die als Stimulanzien (Halluzinogene und Tabak), zur Herstellung von Waffen und Gerät (Pfeilrohr), zur Körperpflege oder Bekleidung (Farbstoff, Baumwolle) und zu Heilzwecken dienen.

Jagd – Der Wald ist die wilde Sphäre, die einen Gegensatz zum „gezähmten“ Raum der Siedlung bildet. Im Wald jagen die Yanomami mit Bögen und langen Pfeilen mit unterschiedlichen Pfeilspitzen, heute häufig auch mit Gewehren. Nehmen die Männer einen Jagdhund mit, so feuern sie ihn an, indem sie ihn „Jaguar“ nennen. Vor großen Festen begeben sich die Männer gemeinsam auf eine mehrtägige Jagd, um Wildschweine, Tapire oder Affen zu erbeuten, mit deren geräuchertem Fleisch sie die Gäste bewirten und beschenken.

Das Jagdgerät – Auf die langen Rohrschäfte werden drei unterschiedliche Pfeilspitzen aufgesetzt: Die lanzettförmigen Bambusklingen finden auch als Messer Verwendung, für den Widerhaken der Harpunenspitze wird ein Affenknochen verwendet, die Hartholzspieße mit Sollbruchstellen sind mit dem Pfeilgift Curare präpariert. Nie verwenden die Jäger eine selbst hergestellte Pfeilspitze, denn damit könnten sie kein Wild treffen. Ebenso vermeiden sie den Genuss von selbst erlegtem Wild.

„Gekochter“ Boden – In ihren Gärten bauen die Yanomami mehr als hundert verschiedene Pflanzen an. Die Männer roden kleine Flächen, auf denen zwei bis drei Ernten eingebracht werden. Danach lässt man die Felder verwuchern und verhindert so Erosion. Vor der Bewirtschaftung muss der Boden „gekocht“ werden: Das trockene Unterholz wird abgebrannt; die Asche düngt die Erde. Meist wird das Feuer mit einem glimmenden Holzscheit aus der heimischen Feuerstelle entfacht. Ist ein neues Feuer nötig, so kommt der Feuerbohrer zum Einsatz. Das harte Kakaoholz erzeugt bei Reibung Glut, die mit dem Fächer angefacht wird. Termitennester und Harz dienen in der ständig feuchten Umgebung als Zunder.