Religion und Schöpfungsmythos

Sprachwissenschaftler hingegen verorten den Ursprungsort der Inka in der Nähe des Titicacasees, im Siedlungsgebiet der Colla. Archäologen wiederum sehen in einem charakteristischen Keramikstil, der in Cusco zu Beginn des 13. Jahrhunderts angewandt wurde, ein erstes typisches Merkmal für die Präsenz der Inka in diesem Gebiet.

Insgesamt gibt es vierzehn so genannte »Sapa Inka« – Inka-Herrscher. Die ersten fünf sind den Geschichten und Legenden zuzuordnen, ab dem sechsten Inka »Roca« gibt es konkrete Hinweise, dass sie wirklich existierten.

Sonne und Mond

Zwei Grundprinzipien prägen die andine und inkaische Religion. Erstens: Die Natur ist beseelt. Gestirne, Erde, Seen und Steine sind lebendig und haben gute sowie schlechte Eigenschaften. Sie alle sind Heiligtümer, huacas. Zwischen ihnen gibt es Hierarchien und Zuständigkeiten. Der höchste Gott war vermutlich Viracocha, der Schöpfergott. Neben ihm standen die männliche Sonne, Inti, und der weibliche Mond, Mama Quilla, als sich ergänzendes Gegensatzpaar. Das zweite grundlegende Konzept ist die Opferreligion. Die Götter erschufen die Welt und überließen sie den Menschen zur Nutzung. Durch stetiges Opfern von Nahrung, Tieren und zu besonderen Anlässen auch durch das Opfern von Menschen wird den Göttern gedankt. Jede Gottheit hat ihre eigenen Opferrituale, die in einem Ritualkalender festgelegt waren. Er strukturierte und bestimmte den Alltag.

Der Sonnentempel von den Inka Coricancha, »goldener Innenhof«, genannt. Der Haupttempel im Zentrum von Cusco war dem Sonnengott Inti geweiht. Er bestand aus einer Reihe von Tempeln zu Ehren verschiedener Gottheiten. Spanischen Berichten zufolge war das gesamte Areal von einer großen Schutzmauer umgeben, innen bedeckten Goldplatten die Wände. In der Mitte stand ein goldener Altar mit einer goldenen Figur, die die Sonne verkörperte. Gegenüber stand eine weibliche Figur aus Silber: der Mond. Die Gebäude waren von einem Garten umgeben, in dem die wichtigsten Pflanzen und Tiere des Inka-Reiches in Gold und Silber in Originalgröße nachgebildet waren. Das Betreten des Coricancha war alleine dem höchsten Inka, dem Sapa Inka vorbehalten.

Der Blick in die Sterne: Neben dem Schöpfergott Viracocha war der Sonnengott Inti von großer Bedeutung. Zu seinen Ehren fanden aufwändige Rituale statt. Der Lauf der Sonne, des Mondes und einiger Sterne bestimmte den Kalender der Inka. Der Morgen- und der Abendstern bildeten hier ein sich ergänzendes Gegensatzpaar. Sonnenhöchst- und tiefstand, das Auftauchen und Verschwinden der Sternbilder der südlichen Pleiaden und des nahe gelegenen Kreuz des Südens markierten die wichtigsten Tage im inkaischen Kalenderjahr. Die Sommer- und Wintersonnenwende, begleitet von den Festen Inti Raymi und Qhapac Raymi, dienten zur Errechnung des Einsetzens der Regenzeit. Danach wiederum richtete sich die Aussaat. Aus diesem Grunde gab es in jeder Inka-Stätte einen Kalenderstein, intihuatana, der die Funktion einer Sonnenuhr erfüllte.