Tod- und Jenseitsvorstellungen

Negatives Sündenbekenntnis und Totenkult

Papyrus mit Abbildung eines Totengerichts: Der ibisköpfige Schreibergott Thot (rechts) notiert das Ergebnis der Herzenswaage, die das Herz des Verstorbenen als Sitz des Gewissens gegen eine Feder, das Symbol der Weltenordnung und Gerechtigkeit (Maat), aufwiegt. Neben der Waage sieht man die gefürchtete Totenfresserin – sie vernichtet den Verstorbenen, sollte das Ergebnis negativ ausfallen.

Bevor du nach deinem Tod ins Jenseits gelangst, musst du vor den Gerichtsgöttern das negative Sündenbekenntnis ablegen. Dabei musst du Fragen zu deinem Leben beantworten. Ob dein Herz wohl mit der Feder, dem Symbol der Göttin der Wahrheit (Maat) im Gleichgewicht ist? Du betrittst die Gerichtshalle. Dort siehst du deinen Seelenvogel, den Ba, und unter ihm die Göttin der Geburt (Meschenet), die Göttin der Ernährung (Renenutet) und den Gott des Schicksals (Schai). Du siehst Anubis, den Gott der Totenriten. Er bedient die Waage und wird dein Herz auf die Waage legen. Der ibisköpfige Gott Thot schreibt dein Ergebnis auf. Die Prüfung kann beginnen… doch… nimm dich in Acht vor der Totenfresserin! Sie wartet schon darauf, dein Herz zu verschlingen!”

Papyrus mit Darstellung Suendewaage und Totengericht

Papyrus – Darstellung Totengericht

Der ägyptische Totenkult ist von der Vorstellung geprägt, dass das Leben nach dem irdischen Tod, der nur ein Durchgangsstadium ist, einen Zugang zur Ewigkeit bietet. Wenn die Ägypter an den Tod denken, sind sie um die Fürsorge für eine dauerhafte Existenz bemüht. Daher sorgen sie sich nicht nur um den Bestattungskult, sondern treffen im Grab auch Vorsorge für Nahrungsmittel und Getränke. In den großen Gräbern gibt es einen Raum für Vorräte, und die Gräber werden mit (Schein-)Gefäßen und Uschebtis, kleinen Dienerfiguren, ausgestattet. Letztere sollen den Toten die Arbeiten im Jenseits abnehmen. Die Versorgung des Grabes obliegt dem ältesten Sohn. Sie kann aber auch von Totenpriestern übernommen werden.

Mumifizierung und Begräbnis
Die Bestattung beginnt mit einer Trauerzeremonie im Haus des Toten. Die kunstvolle Mumifizierung, die den Angehörigen der Oberschicht vorbehalten ist, erfolgt innerhalb eines Zeitraums von 70 Tagen. Danach erfolgt die Beisetzung der Mumie und der Eingeweide, zumeist in den Nekropolen auf der Westseite des Nils. Klageweiber und ein Trauerzug begleiten den Sarg, der auf einem Schlitten zum Grab gebracht wird. Dort nimmt man Abschied und vollzieht die Zeremonie der „Mundöffnung“ – sie ermöglicht es dem Toten, seine Sinnesorgane im Jenseits zu nutzen. Der Totenpriester spricht Gebete, der Sarg wird im Grab verschlossen und das Begräbnis endet mit einem Totenfest mit Speise und Trank. Während hochrangige Personen in Felsgräbern oder eigenen Grabbauten bestattet werden, bestehen die Gräber der einfachen Bevölkerung lediglich aus Sandgruben und einem Oberbau aus vergänglichen Materialien. Einbalsamiert werden auch die Eingeweide des Toten, die man danach in den vier Kanopengefäßen bestattet. Ab dem Neuen Reich sind deren Deckel meist als Köpfe der vier Horussöhne gestaltet – das sind die Schutzgötter der Eingeweide: der menschenköpfige Amset (Leber), der falkenköpfige Kebech-senu-ef (Darm), der pavianköpfige Hapi (Lunge) und der schakalsköpfige Dua-mut-ef (Magen).