Sioux

Die Sioux und das Pferd: Indianer und Pferde – sie scheinen in unserer Vorstellung untrennbar miteinander verbunden. In Wirklichkeit war das Pferd bei vielen Indianervölkern Nordamerikas weitgehend unbekannt, als die Europäer kamen. Vor allem die spanischen Kolonisatoren brachten Reitpferde mit. Die Sioux lernten das Pferd erst um 1770 kennen. Vor allem die Teton Sioux machten sich das Pferd rasch zunutze. Es brachte ihnen den Ruf ein, ausgezeichnete Reiterkrieger zu sein und sie profitierten von den besseren Möglichkeiten der Jagd auf die scheinbar unerschöpflichen Bisonherden. Durch die mit dem Pferd möglich gewordene Anhäufung von beweglichem Besitz entstand zugleich ein bisher unbekannter Gegensatz zwischen Arm und Reich.

Heilige Hunde: Bevor sie das Pferd kennenlernten, nutzten die Sioux ihre Hunde für das, was später Pferde leisteten. Hunde schleppten Lasten, Hunde gingen mit auf die Jagd, Hunde lieferten Fleisch. Sehr schwere Dinge wurden auf Konstruktionen aus Stangen gelegt, die die Hunde hinter sich her schleiften. Auch diese Arbeit übernahmen später Pferde, sie traten sozusagen in die Fußstapfen der Hunde und wurden wohl deshalb von den Sioux »Unbegreifliche« oder »Heilige Hunde« genannt.

Gegen das Vergessen: 1889 hatten die Sioux ein schweres Trauma erlitten: Beim Massaker am Wounded Knee waren über 200 ihrer Stammesmitglieder von der US-Armee getötet worden. Hundert Jahre später waren die seelischen Wunden noch nicht verheilt – und die Nachkommen der Opfer warteten immer noch auf eine Entschädigung und Geste der Entschuldigung. Zur Erinnerung an das Massaker veranstalteten sie einen Gedenkritt zum Ort des Geschehens.

Gegen Hunger und Arbeitslosigkeit: Während die Wiederansiedlung kleiner Bisonherden auf der Pine Ridge Reservation in erster Linie symbolischen Charakter hatte, stellte die Neubelebung der Rinderzucht im späten 20. Jahrhundert einen Versuch dar, durch lokale Wirtschaftsprojekte dem Kreislauf von Arbeitslosigkeit und Armut und der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen zu entgehen.

Erinnerung an ruhmreiche Tage: Den Alten blieb nur die Erinnerung: Einst waren sie Mitglieder eines stolzen Volkes, hatten Widerstand gegen die Unterdrückung geleistet und waren dafür von ihren Stammesbrüdern geachtet worden. Doch was bleibt den Jüngeren? Jenen, die in Reservationen aufgewachsen sind? Der Abstieg von einem stolzen, erfolgreichen Reitervolk zu Almosenempfängern der amerikanischen Regierung ließ die jungen Sioux ohne Perspektive.

Teton Sioux (wahrscheinlich Hunkpapa) um 1890, Rückentanzschmuck © Museum für Völkerkunde Wien

Teton Sioux (wahrscheinlich Hunkpapa) um 1890, Rückentanzschmuck © Museum für Völkerkunde Wien (Slg. Franz Angerer)

Show: Schilderungen über das Skalpieren jagten den Weißen einen Schauer über den Rücken. Nur zu gerne wollten sie wissen, wie man sich diese Praxis des Wilden Westens vorzustellen habe. Um 1900 kamen Wildwest-Shows in Mode, in denen auch Sioux auftraten. Teils aus Reminiszenz an die eigene Tradition, teils aus Not verdienten sie nun ihr Brot damit, das Skalpieren als Indianerfolklore vor einem sensationshungrigen Publikum zu demonstrieren.

Die Sioux heute: Das Leben in den Sioux-Reservationen ist heute von ungelösten Problemen belastet. Wirtschaftliche Schwierigkeiten prägen den Alltag ebenso wie politische Konflikte. Auch der Pluralismus der Werte, der die gesamte US-amerikanische und westliche Welt beeinflusst, trägt bei den Bewohnern der Reservationen zur Unsicherheit in Identitätsfragen bei. Gleichzeitig wird die Erinnerung an das kulturelle Erbe der Sioux, an ihre ursprüngliche Lebensweise und Religion hochgehalten. Christlicher und traditioneller Glaube bestehen nebeneinander oder werden nicht selten miteinander verwoben. Elemente westlichen Lebensstils sind Teil des Alltags geworden, das drückt sich im Kunsthandwerk genauso aus wie im Sport. Doch die Kultur der Ahnen wird nach wie vor gepflegt. Sie ist Ausdruck dafür, dass trotz allen äußeren Wandels die kulturelle Identität der Sioux in ihrem Kern ungebrochen erscheint.