Fiktive Gedankengänge

Facetten Alexanders

Alexander, der Muttersohn: „Mein Mann Philipp liebte die Frauen. Mich nahm er als vierte Gemahlin, aber ich war die erste, die ihm einen gesunden Thronfolger schenkte. Alexander war mein Liebling, und er liebte auch mich. Er war so stolz und leidenschaftlich wie ich. Wir blieben ein Leben lang eng miteinander verbunden. Aus der ganzen Welt schrieb er mir Briefe und fragte mich um Rat. Er war großzügig und von seinen Feldzügen schickte er mir goldene Trinkgefäße, edle Tücher aus Purpur und viele andere kostbare Geschenke.“ (Olympia, die Mutter)

Alexander, der Wissbegierige: „Philipp II. holte mich als Lehrer an den Hof. So wurde Alexander mein Schüler. Ihm und seinen Freunden brachte ich die griechische Welt, Ethik und Politik nahe. Alexander war wissbegierig und er schätze die Literatur, vor allem Homer s »Ilias«. Er begeisterte sich für die trojanischen Helden. Deswegen nannten wir ihn nach seinem Idol Achill. Er lernte auch alles über die Natur und die Medizin. Er nannte das Studium »das tägliche Brot« und ließ sich später Schriften sogar bis nach Indien nachschicken.“ (Aristoteles, der Lehrer)

Alexander, der Unbeherrschte: „Alexander und ich wuchsen zusammen auf, meine Schwester war seine Amme. Als General stand ich ihm treu zur Seite. In der Schlacht am Granikos rettete ich sein Leben, als ein persischer Adeliger mit einer Streit a x t auf Alexander losging. Später aber, in Samarkand, da stritten wir betrunken bei einem Gelage. Ich war f ihm Selbstherrlichkeit vor, denn schließlich seien seine Er folge nur durch unsere Hilfe möglich. Wütend darüber tötete er mich.“ (Kleitos, ein enger Freund)

Alexander, der Imagebewusste: „Mein Onkel Aristoteles weckte in mir die Liebe zum geschriebenen Wort, und ich verfasste ein Buch über die Griechen. Als Geschichtsschreiber nahm mich Alexander mit auf seinen Feldzug. Die fertigen Kapitel schickte ich regelmäßig nach Griechenland, um den Daheimgebliebenen von Alexanders Heldentaten zu berichten. Aber es kam zum Zerwürfnis, denn er gab den orientalischen Sitten den Vorzug gegenüber den unsrigen. Wir Makedonen und Griechen sollten ihm die Füße küssen! Das wollte ich nicht! Da suchte und fand er einen Grund, mich hinrichten zu lassen.“ (Kallisthenes, der Geschichtsschreiber)

Alexander, der Stratege: „Durch Strategie und ein gut gedrilltes Heer vergrößerte ich das Makedonische Reich. Sogar die griechischen Stadtstaaten gingen vor mir in die Knie! Alexander erbte mein strategisches und politisches Geschick: Schon mit 18 Jahren befehligte er die Reiterei meines Heeres und verhalf mir in der Schlacht bei Chaironeia zum Sieg. Aber später über flügelte er mich bei weitem. Mit seiner ausgefeilten Angriffstaktik, seinem Mut zum Risiko und seiner Hartnäckigkeit, wie bei der Belagerung von Tyros, eroberte er Kleinasien, die Levante, Ägypten, den Orient und Indien.“ (Philipp, der Vater)

Alexander, der Verführbare: „Nach dem Tod meines Jugendfreundes Alexander wurde ich Herrscher über das von ihm eroberte Ägypten. Warum er aber auszog, das Perserreich zu besiegen, war mir nie ganz klar. Er sagte, er wolle Rache, weil 150 Jahre zuvor die Perser Athen zerstör ten. Aber wir waren doch stolze Makedonen und keine Athener! Hingegen fand meine Geliebte Thais, eine mit uns ziehende Athenerin, Gefallen an diesem Gedanken. Bei einem Gelage in Persepolis stachelte sie Alexander an, die prachtvolle Residenz zu zerstören. Und er ließ sich hinreißen und entzündete das Feuer.“ (Ptolemaios, ein Gefährte)