Fremde im eigenen Land

Tippis - Fremde im eigenen Land

Im Jahr 1609 hatten die Franzosen im Tal des Saint Lawrence River, der Eingangspforte in das Innere des Kontinents, die Kolonie Neufrankreich gegründet. Der Grund, weshalb sich die Franzosen dieses Gebiet ausgesucht hatten, war, dass sie vom Saint Lawrence River aus zu den Großen Seen und zu den unermesslichen Jagdgründen vorstoßen konnten, um mit den Ureinwohnern Pelzhandel zu betreiben. Von ihren Kolonien an der Atlantikküste drangen im 17. und 18. Jahrhundert die Engländer nach Norden und Westen vor. Neben dem Handel verfolgten sie das Ziel, das Land zu kolonisieren. Sie brauchten Boden für die Landwirtschaft und ihre neuen Siedlungen. Dafür verdrängten sie die Ureinwohner von ihrem angestammten Land.[the_ad id=”5006″][the_ad id=”5523″]Hauptschauplatz – Mittelpunkt der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den englischen und französischen Siedlungen im 18. Jahrhundert war das Gebiet zwischen dem Tal des Saint Lawrence River und den englischen Kolonien an der Atlantikküste. Als die Briten von dort nach Norden und Westen expandierten, kam es zu Konflikten mit den Franzosen. Die indigene Bevölkerung wurde in diese Kämpfe notgedrungen mit hineingezogen.

Heimat oder Ware? In dem bis heute anhaltenden Konflikt um das Land geht es nicht nur um seinen Besitz und seine wirtschaftliche Ausbeutung, sondern auch um die ihm zugeschriebenen Bedeutungen. Die Ureinwohner Nordamerikas hatten zu ihrem Land eine spirituelle Beziehung. Es war für sie ein Ort der Begegnung mit übernatürlichen Wesen. Hier fühlten sie sich ihren Ursprüngen, ihrer Vergangenheit und Identität nahe. In den Augen der europäischen Einwanderer wurde dieses Land hingegen zum Objekt wirtschaftlicher Begierden: Sie brauchten den Boden, um damit zu spekulieren, Landwirtschaft zu betreiben und Waren zu produzieren.

Erste Begegnungen mit Weißen

Erste Begegnungen mit Weißen- Vogelkopfmaske der Nootka. Mowachat, Vancouver Island, British Colombia, um 1770 © Museum für Völkerkunde Wien

Vogelkopfmaske der Nootka. Mowachat, Vancouver Island, British Colombia, um 1770 © Museum für Völkerkunde Wien (Slg. Parkinsons`s Museum, ex-Slg. James Cook)

Irgendwann kam für alle Ureinwohner Nordamerikas der Moment, in dem sie zum ersten Mal Kontakt mit Europäern hatten. Selbst bei jenen, die von ihren Nachbarvölkern und Stämmen bereits etwas über die bleichgesichtigen, fremden Besucher aus der anderen Welt gehört hatten, war die erste Begegnung mit den Weißen von einer Mischung aus Angst und Neugierde geprägt. Die Art, wie der erste Kontakt ablief, hatte oft entscheidenden Einfluss auf das künftige Verhältnis zwischen der Urbevölkerung und den Weißen.[the_ad id=”5006″][the_ad id=”5523″]Für die Mowachat-Nootka auf Vancouver Island war dieser Tag X der 29. März 1778. An jenem Tag ging der englische Seefahrer James Cook während seiner dritten Weltumsegelung im Nootka Sound vor Anker. Bei dieser ersten Begegnung erwarb Cook von den Nootka im Tauschhandel Seeotterfelle, die sich in China mit hohem Profit verkaufen ließen. Das führte dazu, dass die Bucht, in der Cook angelegt hatte, zu einem beliebten Ziel für Handelsschiffe wurde. Das Geschäft mit den Fellen brachte die Nootka in den Genuss von Geld und europäischen Waren, aber es führte auch zu Konflikten und letztlich zur Abhängigkeit von den Weißen.

Hundert Jahre nach James Cook: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Nootka Fremde im eigenen Land. Das hatte viele Gründe. Der Bestand an Seeottern war so dezimiert, dass sie den Handel mit Seeotterfellen einstellen mussten. Auch die Waljagd, einst ein Privileg des Nootka-Adels, kam allmählich zum Erliegen. Der Fischreichtum, von dem die Nootka so viele Jahrhunderte lang gelebt hatten, landete jetzt in den Netzen der weißen Fischer – und in deren Konservenfabriken. Lohnarbeit trieb die Nootka in die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Weißen. Zusätzlich wurde ihre traditionelle Lebensweise durch die »Indianer-Gesetze« der kanadischen Regierung eingeschränkt. Und christliche Missionare bemühten sich verstärkt, die Nootka zum Christentum zu bekehren.

Allgemeines zu Indianer

Wüstenlandschaft - Allgemeines zu Indianer

Wüstenlandschaft

Die Bezeichnung »Indianer« beruht nicht nur auf einem Navigationsfehler des Christoph Kolumbus. Sie wird in keiner Weise der kulturellen, sprachlichen und ethischen Vielfalt des Kontinents gerecht, sondern war in erster Linie ein Mittel der kolonialen Herrschaft über die Ureinwohner des Kontinents, die sich aus Hunderten verschiedener Völker zusammensetzten. Mit dem, was wir uns in Jahrhunderten über die »Indianer« ausgedacht haben, stimmen die tatsächlichen Lebensverhältnisse und die Geschichte der Ureinwohner Nordamerikas kaum überein. Dabei ist die Wirklichkeit auch in diesem Fall spannender als jeder Roman oder Film.[the_ad id=”5006″][the_ad id=”5523″]Vielfalt

Die Ureinwohner Nordamerikas bestanden aus vielen Völkern mit unterschiedlichen Kulturen. Einige waren Nomaden, einige sesshaft. Die einen lebten als Jäger und Sammler, die anderen als Fischer oder Feldbauern. Manche lebten in kleineren Gruppen, andere in Städten bis zu 30.000 Einwohnern. Keines der Völker kannte die Viehzucht oder das Rad, keines wusste, wie man Metall verarbeitet. Das spielte den europäischen Kolonisatoren in die Hände. Das gemeinsame Schicksal der kolonialen Fremdherrschaft führte dazu, dass sich unter den zersplitterten Ureinwohnern allmählich eine gemeinsame Identität als »Indianer« herausbildete

Identitätsfrage: Seit fast 400 Jahren leben in den Südstaaten der USA die Nachkommen der indigenen Bevölkerung in enger Verbindung mit den Nachkommen europäischer und afrikanischer Einwanderer. Und das trotz vielfacher Versuche sogenannter »Rassentrennung«. Trotzdem leugnen viele Stämme bis heute jegliche Vermischung mit Afrikanern. Die meisten Gruppen gemischter Herkunft bemühen sich um eine offizielle Anerkennung als »Indianer« oder sind bereits als solche anerkannt.

Das Volk der Metis: Das Volk der Metis ist in Kanada als Teil der indigenen Bevölkerung anerkannt. Die Nachkommen der Metis mischten sich mit französischen Pelzhändlern. Sie entwickelten eine besondere Sprache, das Michif, die überwiegend aus Verben der indigenen Cree-Sprache und aus französischen Nomina besteht – ein Zeichen dafür, dass die Kultur der Metis europäische mit amerikanischen Traditionen in sich vereinte.

Ein Indianer als Sklavenhalter: Der Kulturkontakt zwischen den weißen europäischen Einwanderern und der indigenen Bevölkerung Amerikas brachte bisweilen erstaunliche Biographien hervor. John Ross (1790–1866) beispielsweise war der gewählte Oberste Häuptling der Cherokee. Er kämpfte vergeblich dagegen, dass sein Stamm in ein eigens ausgewiesenes Indianerreservat in Oklahoma zwangsumgesiedelt wird. Seinem Habitus nach fühlte er sich der Kultur der Europäer verpflichtet. Er war ein wohlhabender Sklavenhalter und passte sich auch in seiner Kleidung der europäisch geprägten Mode an.

Indianer – kinderleicht erklärt

Pocahontas Superstar: Das berühmte Indianermädchen war auch schon vor rund 400 Jahren ein Superstar. Sie war die erste Angehörige einer indianischen Häuptlingsfamilie, die von der englischen Königin in London als „Indianerprinzessin“ empfangen und bestaunte wurde. Sie heiratete damals einen englischen Siedler und sorgte so für kurze Zeit für eine friedliche Verbindung zwischen Europäern und Indianern.

Waljagd oder: die Suche nach „Kleinigkeit“: Wenn die Nootka zur Waljagd aufbrachen, sprachen sie nicht davon, dass sie einen Wal jagen und töten werden. Um die Walgeister nicht zu verärgern, wollten sie den Wal nur „mit der Harpune kitzeln“. Sie murmelten auch, dass sie „nach Kleinigkeiten“ suchen gehen. Diese „Kleinigkeiten“ waren Buckel- und Grauwale, die zwischen 13 und 18 m lang und 25 und 34 t schwer werden! Als Nahrung war ein Tier zwischen 2,5 und 6 m Länge am besten, weil es saftigeres Fett besaß als ein erwachsenes. Jeder Teil des Wals wurde genutzt: Das Fett als Brennstoff, die Rippen als Baustützen und die Häute von großen inneren Organen diensten als Behälter zum Wasserkochen.

Oben ohne: Beim Skalpieren wurde die Kopfhaut von Feinden an den Haaren entlang der Stirn eingeschnitten und mit Kraft abgezogen. Die Haut wurde dann auf hölzerne Rahmen gespannt, bemalt oder anderweitig verziert. Das Skalpieren war bereits vor Ankunft der Europäer bei vielen Stämmen bekannt. Aber erst durch die ausgesetzten Belohnungen der „Weißen“ erlangte es seine schaurige Bedeutung. 1780 konnte man an einem Indianerskalp 1000 Dollar verdienen!

Krieg oder Frieden: Der Tomahawk war vielfältig verwendbar. Er war Waffe, Axt oder Hammer. Mit Mundstück und Pfeifenkopf versehen konnte damit sogar die berühmte „Friedenspfeife“ gebraucht werden. Die Streitaxt steht auch für den Krieg. Mit ihr konnte einem Feind symbolisch der Krieg erklärt werden oder aber das „Kriegsbeil begraben“, also Frieden geschlossen werden.

Gedächtnisstützen: „Wampum“ sind Perlen aus den weißen und lila Muschel- und Schneckenschalen der „Venus mercenaria.“ Die Herstellung dieser Perlen dauerte Stunden. Deshalb waren Gürtel aus „Wampum“ sehr wertvoll und dienten als Erinnerungshilfe oder Handelsware. Die Hüter des Wampum holten in längeren Abständen die Gürtel hervor, um sich gemeinsam mit den Häuptlingen an vergangene, wichtige Ereignisse wie Versprechen oder Verträge zu erinnern.

Vitirne Kleidung Grönland Indianer Ausstellung - Copyright: Andreas Jacob

Ausstellung INDIANER
© Andreas Jacob

Wohnen Eskimos nicht in Iglus? Beim Wort „Iglu“ denken wir zuerst an runde Schneehäuser, in denen Eskimos leben. Aber iglu oder grönländisch igdlo ist nichts anderes als das Wort für „Haus“- welcher Form auch immer. Schneehäuser waren in Grönland allerdings selten. Während der sommerlichen Wanderungen lebten die eskimoischen Völker in leichten Zelten aus Fell, im Winter in sehr niedrigen Bauten aus Stein und Erde. Ein langer Eingangstunnel diente dort als Kälteschleuse, Windfang und Vorratsraum. Auch dieses Holzhaus aus Grönland ist also ein „Iglu“.